Inhalt des Beitrages
Ausschreibung im Hochsommer
Im August diesen Jahres wurde in dem Verlag, in dem ich im Online Marketing arbeite, eine Weihnachtskarte ausgeschrieben. Alle Mitarbeiter konnten sich beteiligen, das Medium war frei – reichte also von Fotografie, Grafik, Zeichnung bis hin zur Malerei.
Bei über 30° C köchelte mein Hirn leicht vor sich hin. Für eine Weihnachtskarte war es definitiv zu warm. Trotz intensivem Nachdenkens ist mir keine Idee gekommen. Das Bestreben meines Geistes war nur auf mögliche Abkühlung ausgerichtet. Somit hatte ich das Thema ad acta gelegt und mich nicht weiter darum gekümmert.
Die Ideensammlung
Schließlich wurde ich persönlich angefragt, ob ich nicht einen Beitrag zur Ausschreibung leisten wolle. Daraufhin habe ich meine Winterfotos auf alten Notebooks durchgesehen, aber nicht für ausreichend gut befunden. Als nächstes habe ich eine Ideensammlung in Pinterest angelegt, dass war hilfreich und hat mich tatsächlich auf das Thema eingestimmt.
Irgendwann ist mir eingefallen, dass ich schon einmal Wichtel gemalt hatte. Eine Kopie davon hing jahrelang im Büro unserer Texterin. Das Motiv schien mir geeignet und es war nur noch eine Verbindung zu den Produkten des Verlages erforderlich. Ich habe den Krückstock des älteren Wichtels durch die Verpackung einer Software ersetzt. Die Autoren und Herausgeber des Verlages – die Adressaten der Weihnachtskarte – würden diese Verbindung erkennen.
Der eigene Strich
Es gibt ein sehr gutes Buch zur Entwicklung einer eigenen Handschrift für Comic und Illustration: „Der eigene Strich“. Geschrieben hat es Frank Plein und empfohlen wurde es mir von Martin Lutz.
Hier ein Auszug:
„In einer erster Phase … sammeln wir bestehende Konzepte, Ideen, Muster, Strukturen. In der nächsten Phase nimmt unsere Kreativität diese Konzepte und und Ideen auseinander, setzt sie neu zusammen und schafft so neue Kombinationen und Ansätze. Aber damit das passieren kann, muss erst einmal etwas da sein. Unsere kreative Maschine braucht Futter, um ihre Arbeit machen zu können.“
Es stellte sich im Laufe der Ausschreibung die Frage nach dem Urheberrecht. Auch hierzu gibt es ein gutes Buch: „Steal like an artist“ von Austin Kleon. Es gibt heute vermutlich kein Motiv, was nicht schon tausendfach umgesetzt wurde. Alle Künstler bauen auf dem auf, was andere Künstler vor ihnen geschaffen haben. Genauso wie alle Wissenschaftler, Ingenieure, Architekten und andere Berufsgruppen das tun.
Auch Wichtel wurden schon unendlich oft gemalt, vor allem in Skandinavien. D. h., ich wurde von bestehenden Zeichnungen und Aquarellen von Wichteln inspiriert, habe das alles auf mich wirken lassen und dann eine neue Kombination erschaffen.
Der Grad der Abstraktion
Normalerweise bin ich in der gegenständlichen Malerei zu Hause. Für diese Illustration war aber eine Abstraktion erforderlich. Es gab ja keine Wichtel, die mir Modell stehen konnten. So stellt sich z. B. die Frage bei den Händen, wie genau soll es sein? Nur eine Andeutung der Fäuste oder doch einzelne Finger? Beim Zeichnen der Finger sollte einigermaßen die Anatomie stimmen. Es ist sehr störend in einem Bild, wenn die Finger in eine unnatürliche Richtung zeigen.
Praktischer Weise war meine Tochter zu Hause und musste gleich zusammen mit mir als Fingermodell herhalten. Für das Aufstützen auf der Softwareverpackung habe ich ein dickes Buch verwendet, um die Lage der Finger zu ermitteln.
Die Umsetzung in ein Aquarell
In meinem Skizzenbuch habe ich ein paar erste schnelle Entwürfe gemacht. Wo sind die Schatten, wie stelle ich die Figuren zueinander, welche Elemente kann ich mit einbringen? Wie soll der Hintergrund aussehen? Kriege ich die Logo-Farbe des Verlages hin in den Zipfelmützen? Eine Freundin meinte, die Wichtel müssen freundlicher schauen, es sei ja dann schließlich Weihnachten. Also: wie sieht ein freundliches Wichtelgesicht aus?
Das fertige Bild und die Weihnachtskarten
Nachdem ich mehrere Bilder mit verschiedenen Hintergründen hatte, ist mir Auswahl schwergefallen.
Das Motiv mit dem umgefallenen Pinienzapfen ging dann in die Ausschreibung. Danach ging alles sehr schnell: die Wahl der Kollegen für dieses Bild – danke! – , die Textgestaltung und der Druck. Nach 3 Wochen lagen die fertigen Weihnachtskarten vor.
Danke an die vielen Beteiligten
Nachdem die Weihnachtskarte im Rahmen einer Ausschreibung im Verlag entstanden ist, hat es viele Beteiligte gegeben, denen ich hiermit danken möchte. (Ich nenne keine Namen, da es dazu keine Abstimmung gegeben hat.)
Es ist zum einen die Ideengeberin und Organisatorin der Ausschreibung, die Assistentin der Geschäftsleitung. Weiter sind es die Mitarbeiter in der IT, die die elektronische Abstimmung über die eingereichten Bilder möglich gemacht haben. Alle Kollegen, die für die Wichtel gestimmt haben. Mein Kollege im Online-Marketing, der ein Foto vom Aquarell gemacht hat. Unsere Grafikerin, die das Foto aufbereitet hat.
Ganz besonders möchte ich auch unserer Texterin danken. Ich meine, der Text hat das gleiche Gewicht wie die Illustration und passt wunderbar. Es ist alles andere als einfach, den Text für eine Weihnachtskarte zu erstellen.
Danke an die technische Herstellung, die alles zusammen dann für den Druck bereitgestellt hat. Vielen Dank auch an die Geschäftsleitung, die den Preis gestiftet hat und an die Lohnbuchhaltung, die ermitteln musste, wieviel Bruttogehalt ein Netto von 500 € ergibt.
Nicht zu vergessen mein Handmodell : ))
Und ganz herzlich bedanke ich mich bei den Herausgebern und Autoren, von denen ich begeistertes Feedback bekommen habe. Das ist sehr motivierend.
Download der Strichzeichnung zum Ausmalen
Falls es Kinder gibt, die das Motiv der Wichtel gern als Ausmalbild hätten, ist hier die leere Strichzeichnung zum Download (pdf). Ich stelle sie zur freien Verfügung, sie kann beliebig vervielfältig und benutzt werden. Viel Spaß damit!
Allen Lesern wünsche ich ein frohes Weihnachtsfest und alles Gute für 2019!